Durch den Abschluss des Deutschlandvertrages im Jahr 1952 (Inkrafttreten erst 1955) zwischen der BRD und den Westalliierten sowie durch die stärkeren Kontrollen der DDR an den Grenzen zwischen der DDR und der BRD und zwischen den Westsektoren von Berlin und dem Umland einschl. Ostberlins wurde die politische Trennung beider Deutschen Staaten noch deutlicher. Es kam auch im Rahmen des innerdeutschen Sportverkehrs zu starken Beeinflussungen. Sportverkehr zwischen "West-" und "Ost-Vereinen" wurden seitens der DDR unter dem Deckmantel der Beibehaltung eines innerdeutschen Sportverkehrs geduldet. Die Fußballer und die Handballer der VSG trugen einige Freundschaftsspiele gegen Westberliner Vereine aus. Die Handballer fuhren im Jahr 1960 noch nach Hamburg.
1953 - 1954
Nach der Trennung des gemeinsamen Spiel- und Wettkampfbetriebes der Handballer und der Kegler im Sommer 1952, waren damit alle am Wettkampfbetrieb beteiligten Mannschaften der VSG für die Serie 1952/1953 den entsprechenden Spielklassen in den Bezirksfachausschüssen Ostberlins zugeordnet. Im Protokoll der Vorstandssitzung vom 30.03.1953 und im Bericht der Jahreshauptversammlung vom 05.03.1954 findet man einige Bemerkungen und Informationen über den politischen Status Quo, der auch unseren Verein betraf. Außer diesen zwei Protokollteilen gibt es in unserem Archiv eine Vielzahl weiterer Protokolleintragungen über den Sportbetrieb unter dem Aspekt der politischen Trennung. Wir haben auf eine erweiterte Auflistung auf dieser Seite verzichtet, da die Inhalte teilweise aufgeschrieben werden mussten, um nicht anzuecken.
1955
Am 01.01.1955 nahm die 1.Mannschaft der Handballer an einem Turnier mit Mannschaften aus Ost- und Westberlin teil. Nach der Trennung des Wettspielbetriebes (Fußball 1950/Handball und Kegeln 1952) sollten derartige gemeinsame Turniere zum Ausdruck bringen, dass die Sportler trotz Trennung zusammengehörten. Das Foto rechts zeigt unseren Ralf (Quelle: unbekannt, ggf. BZ am Abend).
Im Jahr 1955 bildeten sich die Militärbündnisse heraus, die über viele Jahre den "Kalten Krieg" bestimmten. Auf der Jahreshauptversammlung am 03.12.1955 wurde im Rechenschaftsbericht zur Wiederaufrüstung der Deutschen Staaten eine kurze Stellungnahme abgegeben, die wir hier unkommentiert auflisten. 10 Jahre nach Ende des 2.Weltkrieges ging der Irrsinn wieder los.
Datum | Ereignis |
09.05.1955 | Ratifizierung des Deutschlandvertrages durch Abschluss der Pariser Verträge (Beitritt der BRD zur NATO) |
14.05.1955 | Abschluss des Warschauer Vertrages (mit DDR), |
1956 (mit Rückblick auf 1954)
1954 fand das erste Deutsche Turn- und Sportfest der DDR in Leipzig statt. Dieses besuchten auch Sportler der VSG. Vom 02. bis 05.08.1956 fand in Leipzig das 2.Deutsche Turn- und Sportfest der DDR statt. Diese Massenveranstaltungen sollten nach Außen dokumentieren, welchen Stellenwert der Sport in der DDR hatte. Im Protokoll der Jahreshauptversammlung der VSG vom 15.02.1957 gab es einen kurzen Textteil zu dieser Veranstaltung im Jahr 1956. Das nebenstehende Foto von VSG-Sportlern ist im Jahr 1954 beim 1.Turn- und Sportfest aufgenommen worden.
Datum | Ereignis |
26.01. bis 08.02.1956 | Erstmalige Teilnahme einer gesamtdeutschen Olympiamannschaft bei den Winterspielen in Cortina d Ampezzo |
22.11. bis 08.12.1956 | Erstmalige Teilnahme einer gesamtdeutschen Olympiamannschaft bei den Sommerspielen in Melbourne, |
1957
Datum | Ereignis |
27.04./28.04.1957 | Gründung des Deutschen Turn- und Sportbundes (D.T.S.B.) der DDR bei gleichzeitiger Auflösung des 1948 gegründeten Deutschen Sportausschusses. Übernahme von Aufgaben des "Staatlichen Komitees für Körperkultur". Der DTSB war dem ZK der SED unterstellt. |
Der D.T.S.B. umfasste auf regionaler Ebene 15 Bezirksorganisationen sowie die Armeesportvereinigung Vorwärts und die Sportvereinigung Dynamo. | |
Dem D.T.S.B. waren 43 Sportverbände zugeordnet (aus den Fachbereichen des Deutschen Sportausschusses hervorgegangen). |
Nach der Gründung des D.T.S.B. im Jahr 1957 gehörte die VSG Altglienicke als Gemeinschaft auf der regionalen administrativen Ebene im D.T.S.B. der Bezirksorganisation Berlin und dort der Kreisorganisation Treptow an. Die einzelnen Sportarten gehörten im Rahmen der Struktur des D.T.S.B. im zugehörigen Sportverband jeweils dem Bezirks Fachausschuss Berlin und dort dem Kreis Fachausschuss Treptow an. Viele Fachverbände im D.T.S.B. gründeten sich erst im Jahr 1958.
In der Jahreshauptversammlung im Jahr 1958, in der über das Sportjahr 1957 berichtet wurde, haben wir zwei Textteile gefunden, die wir nachfolgend einfügen wollen. Ein Textteil befasst sich mit dem Ende der Bezahlung von Ehrenamtlichen. Wir wissen nicht, was hinter dieser Bemerkung steckt. Fakt ist jedoch, dass in den Betriebssportgemeinschaften bereits Geld floss. Diese Mittel standen der VSG als privater Verein nicht zur Verfügung. Der zweite Protokollausschnitt beinhaltet einen markigen Schlusssatz. Die Einheit Deutschlands wurde im Rahmen des Sports auch bei der VSG immer noch als Ziel betrachtet, trotz staatlicher und wirtschaftlicher Spaltung sowie nach Wiederbewaffnung in beiden Ländern. Was für ein Paradoxon. Im Rahmen des Sportbetriebes zwischen Ost und West nahmen unsere Handballer im Jahr 1957 an Turnieren in Westberlin teil. Wir haben in unserem Archiv zwei Urkunden von Handballspielen bzw. Handballturnieren in Westberlin mit Mannschaften der VSG Altglienicke gefunden.
1958
Zum Zeitpunkt der Gründung des D.T.S.B. gab es bei der VSG Altglienicke die vier Sektionen Fußball, Handball, Turnen/Gymnastik, Kegeln. Nachfolgend eine Übersicht über die Gründung des jeweiligen Fachverbandes im D.T.S.B.
Datum | Ereignis |
30.03.1958 | Gründung des reorganisierten Deutschen Kegler Verbandes der DDR (DKV) in Leipzig (hervorgegangen aus dem 1949 gegründeten Deutschen Kegler Verbandes der DDR im Deutschen Sportausschuss), |
03.05.1958 | Gründung des Deutschen Turnverbandes der DDR (DTV) in Berlin, hervorgegangen wahrscheinlich aus einer Sektion Turnen und Gymnastik im Deutschen Sportausschuss (noch nicht recherchiert), |
18.05.1958 | Gründung des Deutschen Fußballverbandes der DDR (DFV) in Berlin, hervorgegangen aus dem am 30.05.1950 gegründeten Fachausschuss Fußball des Deutschen Sportausschusses, |
21.06.1958 | Gründung des Deutschen Handballverbandes der DDR (DHV) in Halle, hervorgegangen aus der im Jahr 1949 gegründeten Sektion Handball im Deutschen Sportausschuss, |
Auch unsere Fußballer pflegten bis zum Mauerbau den Kontakt zu einigen Westberliner Vereinen. Fahrten nach Westdeutschland führten die Fußballer nicht durch. Nachfolgend zwei Fotos vom Spiel am 25.08.1958 gegen den VfB Neukölln.
Datum | Ereignis |
27.11.1958 | Verkündung des Chruschtschow-Ultimatums. Nikita Chruschtschow forderte den Abzug der Alliierten aus Westberlin und die Schaffung einer neutralen, entmilitarisierten Stadt Berlin auf dem Territorium der DDR. |
1959
Nachdem am 27.11.1958 das Chruschtschow-Ultimatum verkündet wurde, war die politische Situation in Berlin überaus angespannt. Diese sogenannte 2.Berlin-Krise hätte zu militärischen Handlungen führen können. Es siegte am Ende die Diplomatie und die Vernunft der Herrschenden. Eine Schließung der Grenze um Westberlin war in Sicht. Der geteilte Berliner Sport wurde durch die Krise dem Grunde nach nicht wesentlich beeinflusst. Bei der VSG wurde zu dieser politischen Krise im Protokoll der Jahreshauptversammlung vom 21.03.1959 indirekt Stellung bezogen; ein sehr moderater Text an der Grenze der politischen Legalität.
Im Jahr 1959 gab Walter Ulbricht den Startschuss zur volkssportlichen Masseninitiative "Jedermann an jedem Ort, einmal in der Woche Sport", die sowohl über die Vereine, in den Betrieben als auch über die Medien verbreitet wurde. In der VSG war wöchentlicher Sportbetrieb sowieso üblich, so dass man hierzu keine besonderen Veranstaltungen organisierte. Ältere Sportfreunde der VSG hauen diesen Spruch heute in geselliger Runde manchmal raus und ernten zumeist verdutzte Blicke von jüngeren oder von Altbunnies.
Datum | Ereignis |
1959 | In der DDR existierten 23 Kinder- und Jugendsportschulen mit erweitertem Sportangebot (schulischer Sport und Training). |
Im Sommer 1959 wollten die Handballer zum Hamburger TSV Glinde fahren. Sie stellten am 04.06.1959 die notwendigen Anträge an alle zuständigen Stellen, nachfolgend im Auszug der Antrag an den Handballverband. Dieser Antrag wurde abgelehnt. So konnte man die Sportler des TSV Glinde erst zum Turnier der VSG Altglienicke in der Deutschen Sporthalle am 25.10.1959 einladen. Hierfür war auch ein recht großer Aufwand an Beantragungen erforderlich. Nachfolgend ein Auszug aus einem der erforderlichen Anträgen vom 01.10.1959.
Vom 13. bis 16.08.1959 fand in Leipzig das 3.Deutsche Turn- und Sportfest der DDR in Leipzig statt. Wir wissen nicht, ob Sportler der VSG an dieser Veranstaltung teilgenommen haben. Da wir aber in unserem Archiv ein Abzeichen von diesem Sportfest gefunden haben (nachfolgend links), gehen wir fest davon aus, dass auch einige Sportler unseres Vereins in Leipzig waren- egal ob aktiv oder passiv. Weitere Abzeichen aus unserem Archiv von links nach rechts: Ehrennadel des DTSB in Bronze, Ehrennadel des Fußballverbandes der DDR in Bronze, Ehrennadel des Keglerverbandes der DDR in Bronze, Sportleistungsabzeichen in Bronze und Stempel einer Urkunde für das Ablegen einer Schwimmstufe.
1960
Ab dem Jahr 1960 ordnete der D.T.S.B. an, dass Vereinswahlen als Blockwahlen durchzuführen waren. Dieses bedeutete, dass keine Einzelfunktionen durch die Mitgliederversammlung gewählt wurden, sondern dass zuerst alle Kandidaten im Block zu wählen waren und die gewählten Mitglieder in einer ersten konstituierenden Sitzung am Wahltag die Funktionen festlegen mussten. Damit wurde gewährleistet, dass in die Führungspositionen keine "falschen" Sportfreunde gewählt wurden. Bei der VSG betrachtete man die neue Wahlordnung eher gelassen, trotzdem es zur Thematik einige Anfragen gab. Im Wahlprotokoll vom 12.01.1960 gab es hierzu einige Bemerkungen. Diese Wahlform wurde bis zum Ende des D.T.S.B. beibehalten. Am 08.05.1992 gab es bei der ersten Wahl nach der Wende wieder eine Einzelwahl.
Im Rahmen des innerdeutschen Sportbetriebes waren unsere Handballer auch im Jahr 1960 sehr aktiv. Nachfolgend links unten ein Auszug aus einem Bericht, welchen der Verantwortliche der VSG für das Turnier im Oktober 1959 im Nachgang an den D.T.S.B. schicken musste. Wir haben auf die vollständige Darstellung dieses Berichtes verzichtet. Teilweise mussten bestimmte Aussagen im Bericht erscheinen. Das bleibt intern. Das kann man nicht veröffentlichen, sonst würde man vielleicht glauben, dass alles ehrlich war, was im Bericht stand. Das Politbüro hätte sich gefreut. Im Jahr 1960 konnten unsere Handballer zum Rückspiel bei der TSV Glinde nach Hamburg fahren. Unten links ein Foto von einigen Teilnehmern dieser Fahrt und rechts ein kleiner Erinnerungsbericht (Auszug) von unserem Sportfreund Spätzchen.
1961
Am 04.04.1961 führten die Fußballer ein Blitzturnier mit fünf Mannschaften durch. Es nahm mit den Neuköllner Sportfreunden auch eine Mannschaft aus Westberlin teil. Wir denken, dass diese Turnierteilnahme der NSF der letzte Kontakt mit Fußballmannschaften aus Westberlin vor dem Mauerbau war, der am 13.08.1961 den Berliner Sport über eine lange Zeit endgültig trennte. Nachfolgend der Bericht aus der Zeitschrift "Berliner Fußball" (Quelle: privat).
Vom Jahr 1961 gibt es leider keine Vorstandsprotokolle in unserem Archiv. Es existiert jedoch einen Bericht des 1.Vorsitzenden der VSG aus dem Jahr 1962, in dem er über das Sportjahr 1961 berichtete. Der Mauerbau wurde eher umschrieben erwähnt. Eine schriftliche Meinungsäußerung im Bericht zum Mauerbau wäre wahrscheinlich nicht so gut angekommen, egal ob dafür oder dagegen. Weitere Teile im Bericht befassten sich allgemein mit dem Sport in unserer Gemeinschaft. Aber auch eine kleine Textpassage über die Teilnahme der VSG-er bei der Maidemonstration 1961 wurde im Bericht aufgenommen.
Datum | Ereignis |
16.08.1961 | Das NOK der BRD und der DSB der BRD erlassen die Düsseldorfer Beschlüsse. Nach diesen Beschlüssen durften sowohl keine DDR-Sportler in der BRD als auch BRD-Sportler in der DDR an sportlichen Veranstaltungen teilnehmen. Die BRD konnte auch die NATO-Staaten überzeugen, das DDR-Sportler keine Einreise in NATO-Länder erhielten (bis 1964/1965); Quelle: Wiki. |
Die Düsseldorfer Beschlüsse hatten für die Sportler der VSG Altglienicke keinerlei Auswirkungen, durfte man doch sowieso nicht in den Westen reisen und Besuche von Sportlern aus Westberlin oder der BRD waren kurz nach dem Mauerbau bei der VSG nicht vorgesehen bzw. waren nicht möglich.