Die Einbindung des Sports in die Politik prägte die 50-er Jahre. Die VSG führte hierbei eine Gratwanderung durch, aber man blieb sich als private Sportgemeinschaft treu und stellte den Sport immer in den Mittelpunkt. Negieren konnte man jedoch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nicht. Die 50-er waren zusammen mit den Jahren 1945 bis 1949 vielleicht die spannendsten Jahre auf politischer Ebene in der Geschichte unseres Vereins. Auf unterster Ebene waren wir ein kleines passives Rädchen der Geschichte, die ab dem 13.08.1961 Deutschland über eine lange Zeit in einen wohl zwangsläufigen Status Quo der Weltpolitik einband.
1950- Beginn der sportlichen Teilung Berlins/ Trennung des Fußballs
Datum | Ereignis |
07.03.1950 | Bildung des Fachausschusses Fußball innerhalb des Deutschen Sportausschusses für das Gebiet der DDR (später ab 1951 Sektion Fußball). In Ostberlin blieb der Landessportausschuss Groß-Berlin für den Sportbetrieb zuständig. |
03.04.1950 | Bildung von 18 betrieblichen Sportvereinigungen zur Bildung von Betriebssportgemeinschaften für die Vereine in der DDR (z.B. SV Traktor, SV Lokomotive) unter der Bezeichnung "Reorganisation des Betriebssports auf Produktionsgrundlage; später auch für Ostberlin. |
20.04.1950 | Erster Verbandstag des Sportverbandes Berlin (Westberlin) mit Feststellung der Verbandsstruktur. |
30.05.1950 | Offizielle Gründung des Fachausschusses Fußball im Deutschen Sportausschuss, |
06.06.1950 | Sportart Fußball- Rückzug aller Ostberliner Vereine aus dem gemeinsamen Spielbetrieb. Es wurden ab September getrennte Meisterschaften in Ostberlin und in Westberlin organisiert. |
Im Fußball wurde im März 1950 im V.B.B. für Westberlin der Vertragsspielerstatus eingeführt. Damit gab es für die Ostberliner Vereine der obersten Spielklasse keine Möglichkeit mehr, an diesem Spielbetrieb teilzunehmen. Somit zog man diese Vereine vom gemeinsamen Spielbetrieb zurück und reihte diese ab der Serie 1950/1951 in die neu gegründete DDR-Oberliga ein. Nach dieser Entscheidung, die im V.B.B. (Westberlin) und im Sportausschuss Groß-Berlin (für Ostberlin) getroffen wurde, zog der Sportausschuss Groß-Berlin und seine Sparte Fußball alle Mannschaften aus der gemeinsamen Meisterschaft zurück und bildete eigene Staffeln für die Punktspiele.
In der Fußballwoche (Ost) vom 12.06.1950 wurde die Trennung des gemeinsamen Fußball-Spielbetriebes durch die Redaktion kommentiert (Quelle: aus privat, ebenda nachfolgende drei Auszüge). Die Fußballwoche Ost war das Mitteilungsblatt des Fachausschusses Fußball im Landessportausschuss Groß-Berlin. In der Ausgabe vom 21.08.1950 wurden die Staffeln der 1. und 2.Kreisklasse der neuen Saison 1950/1951 in Ostberlin berichtet. Die Fußballer des Altglienicker Sport Vereins wurden in die 1.Kreisklasse eingereiht. Die Handballer und die Kegler des Altglienicker Sport Vereins gingen ab dem 01.09/10.1950 in eine weitere gemeinsame Spielserie Ost-/Westberlin.
Datum | Ereignis |
04.08.1950 | Annahme einer Verfassung durch die Stadtverordnetenversammlung Westberlin, |
Am 15.08.1950 wurde in der Vorstandssitzung bekannt gegeben, dass der neue Sportgruß "Sport frei" heisst. Dieser Sportgruß wurde nach der Deutschen Einheit 1990 wieder in "Gut Sport" umgewandelt. Man kann sich streiten, was sich besser anhört.
Datum | Ereignis |
01.10.1950 | Inkrafttreten der Verfassung von Westberlin. Die Bezeichnung "Stadtverordnetenversammlung" wird durch "Abgeordnetenhaus" ersetzt. |
03.12.1950 | Wahl zum Abgeordnetenhaus von Westberlin, |
1951
Datum | Ereignis |
11.01.1951 | Konstituierung des Abgeordnetenhaus und Wahl des Senats für Westberlin unter Ernst Reuter |
23.05.1951 | Außerordentliche Mitgliederversammlung zur Bestätigung der Satzung des Sportverbandes Berlin (Westberlin). Der Sportverband Berlin wurde in den 60-er-Jahren der Landessportbund Berlin (LSB) (Quelle: Buch Fußball in Berlin). |
15.07.1951 | Eröffnung des Volksstadions Altglienicke. Die Mitglieder des A.S.V. hatten damit eine zentrale Anlaufstelle und Sportanlage für alle Sparten. Die Gaststätte im Sportheim wurde ein Ort für freie Diskussionen und Meinungsbildungen zum Sportbetrieb sowie für politische Auslegungen und Interpretationen; und natürlich teilweise auch für exzessive Feiern. |
Nachdem am 03.04.1950 für den Sport in der DDR 18 betriebliche Sportvereinigungen gegründet wurden, die als Dachvereinigung für die Bildung von Betriebssportgemeinschaften (BSG) galten, wurde seitens der DDR-Sportführung versucht, alle Sportvereine an die Volkseigenen Betriebe anzugliedern. Das hatten die Sportler des Altglienicker Sport Vereins nicht vor. Man wollte ein privater Sportverein bleiben. Das passte einigen außenstehenden, verantwortlichen Sportfunktionären nicht. Am 11.09.1951 wurde seitens der BSG Chemie Adlershof versucht, eine Vereinigung mit dem Altglienicker Sport Verein herbei zu führen.
Dieser Antrag wurde in den Sektionen besprochen und es wurden Abstimmungen für/wider durchgeführt. Das Ergebnis war eindeutig und der Antrag der BSG Chemie Adlershof wurde durch den Vorstand des Altglienicker Sport Vereins in der Vorstandssitzung am 09.10.1951 abgelehnt.
Gleichzeitig motivierte der Vorstand alle Abteilungen zu zeigen, dass der Sport auch in privaten Vereinen in der DDR seine Zukunft hat. Der Altglienicker Sport Verein blieb ein privater Verein ohne Anschluss an einen Betrieb. Diese Entscheidung für eine private "SG" im Jahr 1951 prägte den A.S.V. bzw. die spätere VSG für die nächsten Jahrzehnte. Sie war die Basis für das Erreichen einer tiefen Identität der Mitglieder mit ihrem Verein.
1952- Vereinsumbenennung/ Handball und Kegeln trennen sich
Eine vielleicht im ersten Augenblick unwichtige Mitteilung aus dem Vorstandsprotokoll vom 24.04.1952 haben wir hier aufgenommen. Diese Mitteilung war aber politisch sehr wichtig, denn es wurde berichtet, dass eine Konzession für die Gaststätte im Sportheim beantragt wurde. Konzession bedeutete dem Grunde nach "Betriebserlaubnis für ein privates Unternehmen" in der DDR. Die Verstaatlichung von Betrieben sowie die Kollektivierung der Landwirtschaft gehörten in der DDR zu den politischen Zielen der SED. Privatbetriebe wurden geduldet, waren aber nicht sonderlich beliebt. Um so erstaunlicher, dass einem privaten Sportverein eine Konzession erteilt wurde. Es wurde eine Kantinen-Kommission in der VSG gegründet. Die Einnahmen aus der Gaststätte waren für die VSG bis nach der Wende eine Säule für die Finanzierung ihres Sportbetriebes. Die zur Verfügung stehenden Mittel waren natürlich nicht so hoch wie bei den Betriebssportgemeinschaften, aber man konnte selbständig handeln. Die Konzession wurde am 04.08.1993 zurückgegeben und die Kantinen-Kommission wurde aufgelöst. Die Gaststätte ging in private Pacht über.
Datum | Ereignis |
26.05.1952 | Abschluss des "Deutschlandvertrages" zwischen der BRD und den Westalliierten zur Ablehnung von Stalins Vorschlag für ein neutrales Deutschland (Vertrag trat erst 1955 in Kraft); (Quelle: Ausstellungskatalog... West-Berlin). |
ab 26.05.1952 | Die DDR-Regierung riegelte in der Folgezeit die Grenze zwischen der BRD und der DDR ab (Reisen waren jedoch weiterhin möglich). Weiterhin wurden die Kontrollen an den Sektorengrenzen in Berlin sowie zwischen den Westsektoren und dem Umland verschärft, einschl. Schließungen von Straßen, Einschränkungen des Bahnverkehrs, Reduzierung des Telefonverkehrs usw. z.B. Schließung der Glienicker Brücke am 03.07.1953. |
1952 verbot der Deutsche Sportausschuss, sicherlich auf Basis staatlicher Vorgaben, die Bezeichnung "Verein" in der DDR. In der Vorstandssitzung am 23.04.1952 wurde der Beschluss von "oben" durch Sportfreund Kuhtz bekannt gegeben. Es gab eine heftige Diskussion, die im Protokoll dieser Vorstandssitzung exakt niedergeschrieben ist. Wir veröffentlichen an dieser Stelle nur den Beginn dieser Diskussion, um allein den Vorgang der gezwungenen Namensänderung hier zu dokumentieren. Die einzelnen Meinungen der Vorstandsmitglieder bleiben in Gänze intern. Wir sind froh, einen derartigen Schriftverkehr gefunden zu haben, der die angeordnete Namensänderung unseres Vereins begründet.
Da man an den staatlichen Vorgaben nichts ändern konnte, musste man einen neuen Vereinsnamen festlegen. In der Vorstandssitzung am 15.05.1952 gab es einen ersten etwas ungewöhnlichen Vorschlag für den neuen Vereinsnamen. Der Verfasser dieser Seite wäre gern dabei gewesen, um alle Vorschläge für den neuen Vereinsnamen hier auflisten zu können. Dieser erste Vorschlag für den neuen Vereinsnamen war den Mitgliedern wohl ein wenig zu unrund. In der Vorstandssitzung am 10.06.1952 wurde mit "Volkssport Gemeinschaft Altglienicke" der neue Vereinsname einstimmig festgelegt. In einem Gedächtnisprotokoll kann man etwas über die Herkunft des Begriffs "Volkssport" erfahren (siehe Textausschnitt rechts). Paul Schulze schrieb dort, dass er nicht unwesentlich an der Namensgebung beteiligt war. Paul, der aus dem Arbeitersport kam, hatte den Namensvorschlag in Erinnerung an seinen alten Sportverein in Neukölln gemacht.
Das Vorstandsprotokoll vom 09.07.1952 wurde bereits unter dem Kopf VGA verfasst. Entsprechend des Zeitfensters sollte damit die Umbenennung auf den 01.07.1952 festgelegt werden. Wir haben in unseren Unterlagen eine inoffizielle Notiz gefunden, die die Umbenennung mit dem 31.08.1952 in Verbindung bringt. Dieses Datum kann aber durch keines der uns vorliegenden Vorstandsprotokolle bestätigt werden. Vielleicht gab es zu diesem späteren Zeitpunkt noch eine schriftliche Bestätigung von offizieller Seite. Auf Grund des nachfolgenden Protokolls (Kopf) bleiben wir jedoch beim 01.07.1952. Einige Mannschaften starteten in ihren Fachverbänden noch bis in das Jahr 1953 unter dem Namen Altglienicker Sport Verein; eine unwesentliche Unkorrektheit.
Datum | Ereignis |
24.07.1952 | Außerordentlicher Verbandstag des Handballverbandes Berlin mit dem Beschluss, den Spielbetrieb mit dem Osten sofort zu beenden. |
Nach der Beendigung der gemeinsamen Meisterschaften im Handball, wurden zur Saison 1952/1953 für den Bereich der Ostberliner Handballvereine eigene Spielklassen eingeteilt. Die 1.Männermannschaft wurde in die neue Bezirksklasse eingereiht.
Datum | Ereignis |
01.08.1952 | Trennung der Wettkampfbetriebes in der Sportart Kegeln. Die getrennten Dachverbände "B.F.A. Kegeln" (Ostberlin) sowie der "Verband Berliner Sportkegler" (Westberlin) organisierten ab September 1952 eigene Meisterschaften. |
Am 15.09.1952 wurden seitens des BFA Kegeln (Ostberlin) die neuen Staffeln veröffentlicht. Die 1.Männer der VSG wurde in die 1.Klasse (dritthöchste Wettkampfklasse für erste Mannschaften), die 2.Männer in die 1.Staffel und die 3.Männer in die 2.Staffel eingereiht (jeweils Staffeln für untere Mannschaften). Die Frauen begannen die Serie in der 1.Staffel (zweithöchste Spielklasse).
Datum | Ereignis |
15.08.1952 | Konstituierung und Bildung des "Staatlichen Komitees für Körperkultur und Sport" als Sportministerium für die DDR und Ostberlin. Es war direkt dem ZK der SED unterstellt. Der Vorschlag des DDR-Ministerrates zur Bildung des SKfKuS erfolgte am 22.07.1952. |
19.09.1952 | Neukonstituierung des am 01.10.1948 gebildeten Deutschen Sportausschusses mit der Aufgabe, die Kontakte zu den Sportorganisationen in der BRD und Westberlin aufrecht erhalten. Der DS existierte bis zur Gründung des Deutschen Turn- und Sportbundes der DDR am 27./28.04.1958. |
1952 | Im Staatlichen Komitee für Körperkultur und Sport wurde eine Leistungssportkommission zur Sichtung von Talenten gebildet. Die Sichtung erfolgte über die Volksbildung/Sportlehrer. |
1952 | In der DDR wurde die erste Kinder- und Jugendsportschule (KJS) durch das Ministerium für Volksbildung in Abstimmung mit dem Staatlichen Komitee für Körperkultur und Sport eröffnet. |
Quelle der nachfolgenden Zeitungsausschnitte: Sportmuseum Marzahn, Deutsches Sportecho, Ausgaben vom 18.08.1952 und 25.09.1952. |