Der Sportplatz "Am Kiesberg" hat uns bereits von Beginn unserer Recherchen an fasziniert. Wir gingen anfangs davon aus, dass dieser Platz parallel durch die Sportler der TuSV Altglienicke 1906 und durch die Fußballer des Altglienicker Ballspiel Clubs 1909 genutzt wurde. Diese Annahme war falsch. Heute wissen wir, dass es nach dem 1.Weltkrieg außer dem Sportplatz "Am Kiesberg" auch einen Sportplatz auf dem Grundstück Rudower Straße 94-98 (wahrscheinlich auch vor dem Krieg) gegeben hat. So müssen wir die Nutzung der Plätze durch die Vereine nachfolgend ein wenig differenzierter betrachten.
Nr. 5- Am Kiesberg | |
vor 1919/1920 | keine Nutzung als Sportanlage nachweisbar, |
11.02.1920-Februar 1933 | Turn- und Sportvereinigung Altglienicke 1906- Fußball, Turnen; ab 1933 Verbot der Arbeitersportvereine; |
31.08.1935- 04.01.1937 | Altglienicker Ballspiel Club 1909- Fußball; als zeitlichen Sportplatz bis zur Nutzung des Sportplatzes Grünauer Str. 55 |
ab 05.01.1937 bis Mai 1945 | keine Nutzung mehr als Sportplatz für die Altglienicker Vereine; als Bolzplatz sicherlich im Freizeitbereich weiter genutzt, |
ab 08.05.1945 bis 2001 | Nach dem 2.Weltkrieg wurde der Standort nicht wieder als Sportplatz genutzt. |
2001-2002 | Am Standort war die Errichtung eines zweiten Sportplatzes für Altglienicker vorgesehen, kam jedoch nicht zur Ausführung. |
heute | Heute ist das Gelände Teil des Mauerparks Rudow-Altglienicke. |
Um den Standort des Sportplatzes "Am Kiesberg" zu lokalisieren, nutzen wir das von der VSG erworbene Kartenblatt aus dem Jahr 1942. Da im Jahr 1942 der Sportplatz nicht mehr existierte wurde er durch die Vermessung nicht mehr erfasst, und wir haben den Standort händisch eingezeichnet und einige Straßen und Örtlichkeiten zur Orientierung benannt. Im Geoportal des Senats von Berlin haben wir eine Luftbildaufnahme aus dem Jahr 1928 gefunden, in der man bei genauem Hinsehen die Lage des Sportplatzes erkennen kann. Im roten Kreis sieht man eine viereckige Fläche, die von den Abmaßen und von den Seitenverhältnissen her die Größe eines Fußballfeldes hat. Sichtbar sind zumindest zwei "abgelatschte" Strafräume. Besonders der Torraum und der Strafraum des rechten Tores sind stark "versandet". Dort wurde wohl außerhalb des normalen Spielbetriebes von Freizeitfußballern emsig rumgeballert. Unklar ist noch, wie die Fläche südlich des Spielfeldes genutzt wurde. Die Fläche sieht aus wie ein kleiner Park und links auf der Fläche scheint ein kleines Gebäude zu stehen. Es könnte sein, dass auf dieser Fläche Turngeräte für die Turner der TuSV Altglienicke 1906 standen. Dazu würden auch die hellen Sandflächen passen, die bei regem Turnbetrieb um die Turngeräte entstehen würden. Das Gebäude könnte ein Geräteraum für Tornetze und Hanteln und Gewichte der Schwerathleten der TuSV sein.
Nachfolgend zwei Fotos, die Auskunft über die Zuwegung zum Sportplatz "Am Kiesberg" geben sollten. Links sieht man ein Foto eines Festumzuges von Arbeitersportlern (im Bild u.a. Fichte-Sportler) auf dem Weg zum Sportplatz "Am Kiesberg", welches wir von Herrn Ronald Seiffert aus Privatbesitz erhielten. Auf dem Foto erkennt man eine längere Zuwegung mit einem "kleinen Bogen" im Hintergrund. Weiterhin erkennt man im Foto einige Sandhügel (siehe gleichartige Hügel im Foto der Leichtathletinnen nachfolgend) und im Hintergrund eine Allee. Die Rudower Straße war in dem Abschnitt zu dieser Zeit eine Allee, wie man im obigen Kartenausschnitt sieht (die schwarzen Kreise neben der Rudower Straße auf der Karte sind Bäume). Der Standort des rechten Fotos aus dem Jahr 2019 sollte sich ungefähr am Standort des linken Fotos befinden. Irgendwie kann man sich auch den "Wegebogen" des linken Fotos vorstellen.
Aus Anzeigen in alten Sportzeitschriften sollten wir schlussfolgern, dass der Sportplatz "Am Kiesberg" zumindest ab 1919 hergerichtet und durch die Arbeitersportler der Turn und Sport Vereinigung Altglienicke 1906 intensiv genutzt wurde. Eine erste Mitteilung zum Sportbetrieb auf dem Sportplatz fanden wir in der Zeitschrift "Der Arbeitersport" vom 11.02.1920. Ansetzungen von Fußballspielen auf dem Sportplatz "Am Kiesberg" fanden wir in der Zeitung "Vorwärts" (Quelle: Friedrich Ebert Stiftung, digitales Zeitungsarchiv) vom 12.03.1921, 07.05.1921 und 11.07.1921. Weitere Ansetzungen haben wir aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht mehr aufgelistet.
Im Archiv haben wir ein Foto der Fußballer der TuSV Altglienicke 1906 aus der Serie 1922/1923 gefunden. Es ist davon auszugehen, dass dieses Foto auf dem Sportplatz "Am Kiesberg" aufgenommen wurde. Man erkennt im Hintergrund eine kleine Baumreihe, so wie sie auch auf dem Luftbildfoto zu erkennen ist. Die Sandhügel auf dem Mannschaftsfoto passen zum Standort "Am Kiesberg".
Wir machen einen großen Zeitsprung in das Jahr 1932. Die zwei nachfolgenden Fotos zeigen Sportlerinnen der TuSV Altglienicke 1906 bei einem Sportfest in diesem Jahr. In der Zeitschrift "Vorwärts" haben wir eine Anzeige des "Arbeiter-Sänger-Bundes" vom 23.08.1932 gefunden (Quelle: Friedrich Ebert Stiftung Bonn, digitales Zeitungsarchiv). Dort spricht man von einem "schattigen" Sportplatz. Diesen Schatten könnten die Bäume gespendet haben, die auf der Luftbildaufnahme von 1928 auf der südlich des Hauptplatzes angeordneten "Parkfläche" zu erkennen sind.
1933 wurde die TuSV Altglienicke 1906 durch die Nationalsozialisten verboten und aufgelöst. Damit endete die Nutzung des Sportplatzes "Am Kiesberg" durch den Arbeitersport. Im Jahr 1935 übernahmen die Fußballer des Altglienicker Ballspiel Clubs 1909 die Anlage. Sie zogen vom Sportplatz Rudower Straße 94-98 an den Kiesberg um. Am vierten Spieltag der Saison 1935/1936 erschien im Oktober 1935 ein kurzer Spielbericht über das Punktspiel des AGBC 09 gegen den SV Sadowa. Beiläufig wurde erwähnt, dass der AGBC 09 dieses Spiel auf seinem neuen Sportplatz ausgetragen hatte. In den Serien 1935/1936 (ab Umzug) und 1936/1937 (bis Januar 1937) wurde der AGBC 09 durchgängig auf dem Sportplatz "Am Kiesberg" angesetzt. Ausgewählt haben wir zwei Ansetzungen aus der Fußball-Woche vom 31.08.1935 und vom 04.01.1937. Die Ansetzung vom 04.01.1937 zum Pokalspiel gegen den VfB Spandau ist die letzte Ansetzung des AGBC 09 auf dieser Sportanlage. Nach diesem Spiel zog der AGBC 09 wiederum um und nutzte ab diesem Zeitpunkt seinen neuen Sportplatz "Grünauer Straße 55". Wir vermuten, dass die Fußballer des AGBC 09 den Sportplatz "Am Kiesberg" in der Zeit vom Oktober 1935 bis zum Januar 1937 nur als Ausweichplatz nutzten, um in dieser Zeit die Anlagen des Sportplatzes Rudower Straße 94-98 abzubauen und auf dem neuen Standort in der Grünauer Straße 55 wieder aufzubauen.
Nach dem 2.Weltkrieg wurde am Standort "Am Kiesberg" keine neue Sportanlage mehr errichtet. Unweit des Standortes des Sportplatzes sollte 2002 ein zweiter Sportplatz für Altglienicke errichtet werden, der den Arbeitstitel "Hornkleepfad" trug. Leider fiel diese Baumaßnahme wie häufig finanziellen Zwängen des Bezirks zum Opfer. Bösartige Menschen behaupten hinter vorgehaltener Hand, dass man dieses Objekt einfach in die Investitionsplanung aufgenommen hatte, um später Einsparungen nachweisen zu können. Heute befindet sich am Standort des ehemaligen Sportplatzes ein Teil des neu errichteten Mauerparks Rudow/Altglienicke.